Projektzusammenfassung
Inklusive Erziehung und Bildung von Kindern mit Entwicklungsschwierigkeiten stellt sowohl für Europa als auch für die Türkei ein wichtiges Thema dar. Damit rückt auch die Frage ins Zentrum, wie Kinder in jenen natürlichen Umwelten bestmöglich gefördert werden können, in denen sie sich hauptsächlich befinden: das kann die Familie sein, die Kinderkrippe, die KITA, die Schule. Der Fokus liegt dabei auf inklusiven Settings. Daraus ergeben sich Anforderungen an diese Settings, wie sie Fördermaßnahmen in ihren täglichen Routinebetrieb einfließen lassen können. Von seinen Grundgedanken geht dieses Projekt davon aus, dass es vor allem tägliche (sich wiederholende Abläufe, d.h. Routinen), tägliche Angebote und Lernübergänge sind, die ein hohes Potenzial haben, als Fördersituationen genutzt werden zu können. Als Produkte werden somit Broschüren, audiovisuelle und web 2.0 basierte Materialien verfügbar sein, die auf wissenschaftlicher Grundlage Alltagsbeispiele einfühlsamen Spielens und Lernens für Eltern und Fachkräfte vermitteln.
Dabei geht es z.B. um das Erarbeiten von Teilhabezielen, täglichen Routinen, Angeboten u.v.m. Damit hat sich das Projekt zum Ziel gesetzt, alltagsnahe Ideen und Methoden zu vermitteln, die auf der Basis einfühlsamen Vorgehens Entwicklungspotenziale von Kindern stärken. Die Materialien sind des Weiteren in unterschiedlichen Sprachen (Türkisch, Deutsch, Englisch, Ungarisch und Mazedonisch) verfügbar.
Das Ziel dieses Projektes ist es, informative und audiovisuelle Materialien für Eltern, Frühförder*innen und Fachkräfte in der Schule zu entwickeln, und zwar darüber, wie Spiel- und Lernsituationen inklusiv "natürlich" gestaltet werden können. Dabei zielen diese Gestaltungsmöglichkeiten vor allem auf tägliche Routinen, Angebote und Lernübergänge in natürlichen Lernumgebungen der Kinder. Darüberhinaus geht es auch darum, Wirksamkeitseinschätzugnen von Seiten der Fachkräfte zu ermöglichen.
3 Hauptprodukte sind am Ende des Projektes verfügbar: (1) Strategien und Methoden, die Eltern, Frühförder*innen und Fachkräfte in der Schule in ihren täglichen Routinen, Angeboten und Übergängen zur Förderung verwenden können. Dies schließt auch ein, wie das konkret durchgeführt werden kann (z.B. unterstützt durch Zeichnungen). (2) DVDs mit beispielhaften Videos über die wirksame Anwendung dieser Strategien (z.B. im Kindergarten- oder Schulsetting) und (3) Web 2.0 Instrumente (z.B. als Broschüren und DVD) im Rahmen einer interaktiven Webseite. Diese Webseite folgt dabei den vermittelten Inhalten in Aufbau und Gestaltung und wird durch Videos unterstützt. Die Fachkräfte können auch über Feedbackfunktionen mit dem Konsortium in Kontakt treten.
Hintergrund: (1) Einmalig ermöglicht das Projekt eine Lösung für sehr allgemeine Fragen der Entwicklungsförderung: "Wie kann ich mein Kind einfühlsam fördern?". (2) Informations- audiovisuelle Materialien werden verfügbar, die sich direkt an die Bedarfe der Eltern und Fachkräfte richten und die verantwortlich zeichnen für erfolgreiche Spiel-, Lern- und Lehrprozesse. Dazu kommen praktische Beispiele und web-basierte Anwendungen: (3) Erstmals bietet somit ein Projekt konkrete Handlungsanweisungen für inklusive Bildungs- und Erziehungsprozesse. Verfügbar werden auch (4) informative (Broschüren), visuelle (bunte) Darstellungen und Videos) ausgezeichneter Situationen und realer Beispiele.
Das Projekt, das für 24 Monate geplant ist, folgt dabei 3 Phasen. Unterschiedliche Methoden und Prozesse finden dabei Anwendung. Dies beginnt mit qualitativen Forschungsprozessen, Literaturanalysen sowie der Vorbereitung von Inhalten. Diese Inhalte münden in Broschüren mit bunten graphischen Darstellungen, unterstützt von Videos in unterschiedlichen pädagogischen Settings. Am Ende dieser Phase wird eine interaktive Webseite erstellt, in der die Strategien einfühlsamen Spielens und Lernens dargestellt und mit Videos unterstützt werden.
Die 2. und 3. Phase umfasst das Testen dieser Materialien mithilfe quantitativer und qualitativer Hilfsmittel. Während in der 2. Phase rund 30 Lehrer*innen mittels Prä- und Posttest die Materialien erproben - im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, zeichnet sich die 3. Phase (im Sinne einer Hauptstudie) dadurch aus, dass rund 180 Lehrer*innen in Versuchs- und Kontrollgruppen die Materilaien in 12 türkischen Provinzen testen. Z.B. wird dabei die Zufriedenheit der Fachkräfte mit den Materialien erhoben. Auch werden die Wissenslevels der Fachkräfte vor und nach den Erprobungen erhoben sowie die soziale Validität (Zufriedenheit), um die langfistige Anwendbarkeit der Materialien zu gewährleisten.
Somit zielt das Projekt auf eine weitreichende familienpolitische, lokale und nationale Wirkung (auf jeweils unterschiedliche Parameter). Im Fokus stehen dabei Familien mit Klein- bzw. Schulkindern mit Entwicklungsschwierigkeiten. Durch das Pojekt können Kinder und Familien besser auf die Herausfordungen von Bildungssystemen (KITA; Schule) vorbereitet werden, und Aspekte der Lebensqualität einer Familie können dadurch verbessert werden, da praktische Lösungen zur Verfügung stehen. Diese praktischen Übungen zielen auf eine Hauptherausforderung von Fachkräften, und zwar wie genau Kinder in jeweiligen Settings so "natürlich" und "wirksam" wie möggich in ihrer Entwicklung gefördert werden können. In der Türkei selbst werden diese Materialien von unterschiedlichen Akteur*innen des Bildungssystems unterstützt und in Schulen verbreitet. Ähnliche Prozesse sind für die anderen Teilnehmerstaaten geplant. Daneben sollen die Projektergebnisse auch in wissenschaftlichen Publikationen zugänglich gemacht werden. Unterstützend wirkt dabei, dass der Projektkoordinator unzählige Projekte (Tubitak etc.) bereits in der Türkei durchgeführt hat.
Im Projektteam befinden sich dabei Vertreter*innen unterscheidlicher Disziplinen.
1. Ziele des Projekts
Das Ziel dieses Projekts besteht darin, informative, audiovisuelle und web 2.0 basierte Materialien für Eltern und diverse Fachkräfte, die mit Klein- und Schulkindern mit Entwicklungsschwierigkeiten zu tun haben, zur Verfügung zu stellen. EDiese Materialien können in der täglichen Förderung in inkluisven Settings (im Sinne täglich wiederkehrender Routinen) verwendet werden.
Das Projekt bietet somit Antworten auf Fragen wie
Wie können Inhalte (Broschüre, Videos, DVD und Websiete) so vermittelt werden, dass sie von FFachkräften in der Kindheits- und Schulpädagogik sinnvill und wirksam eingesetzt werden können?
Welche Effekte lassen sich durch den Einsatz der Materialien beobachten? Welche neuen Erkenntnisse gewinnen Fachkräfte dadurch?
Wie zufrieden sind die Nutzer*innen mit den Materialien?
Beantwortet werden sollen diese Fragen auf der Basis von Broschüren, die auch Strategien einfühlsamen Spielens und Lernens umfassen. Damit können die Fachkräfte in ihrer täglichen Arbeit in der Frühförderung, KITA oder Schule "natürliche" Strategien einsetzen, die auf tägliche Routinen, Angebote und Übergänge abzielen.
DVD mit beispielhaften Videos unterstützen dabei die wirksame Umsetzung der Strategien.
Web 2.0 basierte Materialien begleiten die Inhalte der Broschüren, und zwar auf BAsis einer interaktiven Webseite. Die Webseite folgt dabei im visuellen Aufbau den Broschüren. Auch können die Fachkräfte mittels Webseite Rückmeldungen geben.
2. Thema, konzeptioneller wissenschaftlicher Hintergrund
Im Rahmen von ERziehungs- und Bildungsprozessen finden sich einerseits segregierende und inklusive Strategien für Menschen mit Behinderung. Inkluisve Praktiken wurden dabei in den unterschiedlichen Teilnehmerstaaten auf der Basis verschiedener Gesetze in den letzten Jahren eingesetzt: War es in der Türkei das gesetz für Kinder mit besonderem Förderbedarf, ist es in Deutschland z.B. das Bundesteilhabegesetz oder in Österreich jeweilige Landesbehinderen- oder Chancengleichheitsgesetze. Dabei ist in den meisten Ländern eine Zunahme vonKindern mit Entwicklungsschwierigkeiten zu beobachten. Zahlen dazu variieren, da sie davon abhängen, wie "Entwicklungschwierigkeiten" oder Behinderung definiert ist.
Dabei spielen die Fachkräfte in Frühförderung, KITA und Schule eine bedeutende Rolle in Bezug auf die Umsetzung inkluisven Handelns. International lässt sich beobachten, dass fehlende INformation und Handlungsmöglichkeiten der Fachkräfte dabei ein Haupthinderungsgrund in Richtung inklusiven Handelns darstellt (Pretis 2020). Daneben spielen auch Einstellungsfaktoren undn konkrete Erfahrung mit Kindernb mit erhöhtem Förderbedarf eine Rolle.
Fachkräfte beklagen häufig fehlendes methodisches Handwerkszeug, um Inklusion zu leben, obwohl sie inklusivem Handeln prinzipell positiv gegenüberstehen. Tägliche Herausforderungen in KITA und Schule lassen jedoch die Umsetzung inkluisver Strategien bisweilen schwierig erscheinen. Das beginnt bei notwendigen Adaptionen der Räumlichkeiten und der inneren Differenzierung von Aktivitäten im Gruppenraum der KITA oder im Klassenzimmer. Auch brauchen die Fachkräfte Unterstützung am Ort des Geschehens, z.B. konkret vor oder während der Umsetzung. Wünschenswert wäre, wenn die Fachkräfte alle Möglichkeiten verwenden, die ihnen zur Verfügung stehen.
In wissenschaftlichen Publikationen wird beschrieben, dass tägliche Aktivitäten und Routinen wichtige Lernmöglichkeiten darstellen. Gerade Kinder mit Enwcicklungsschwierigkeiten sollten dabei in "natürlichen Lernumgebungen" die Möglichkeit erhalten, neue Fähigkeiten oder Kompetenzen zu erwerben (siehe z.B. BOULWARE, SCHWARTZ, SANDALL & MCBRIDE, 2006; GRISHAM-BROWN, ODOM, 2000; PRETTI-FRONTCZAK, HAWKINS, und WINCHELL, 2009; RAKAP und BRIGHT-RAKAP, 2011). Somit können qualitativ hochwertige Unterstützungsprozesse direkt in der natürlichen Umgebung eines Kindes umgesetzt werden (JAMESON & MCDONNELL, 2007; ODOM, 2000; RAKAP und PARLAK-RAKAP, 2011). Und am Beginn dieser Praktiken steht das Konzept "natürlichen" Lernens bzw. einfühlsamen Spielens und Lernens.
Dieser "natürliche" oder einfühlsame Spiel- und Lernprozess ist als Prozess definiert, der Kindern hilft, sinnhafte Teilhabeziele zu erreichen, und zwar durch die Ausweitung von Aktivitäten während täglicher Routinen und Aktivitäten (d.h. durch all das, was sinnhaft in den kindlichen Alltag eingebettet werden kann. Im Englischen wird dies als "eingebettetes" Lernen/Lehren u.a. (dabei untescheiden sich die Begriffe der einzelnen Autor*innen etwas (z.B. routinebasierte Frühförderung...) bezeichnet: Embedded Teaching (Embedded Instruction (http://embeddedinstruction.net), BRICKER, PRETTI-FRONTCZAK, MCCOMAS, 1998), KAISER, HESTER, ALPERT & WHITEMAN; MCWILLIAM, 2010).
Einfühlsames Spielen und Lernen (=natürliches Lernen) bietet Kindern mit Entwicklungsschwierigkeiten somit Möglichkeiten, neue Kompetenzen zu erwerben (und zwar im Rahmen täglicher Routinen, täglicher Aktivitäten und Übergängen zwischen unterschiedlichen Lernsituationen). Dabei ist in diesem Konzept jene Lernumgebung für jedes Kind besonders wichtig, in dem sich das Kind hauptsächlich aufhält. Routinen, Aktivitäten und Spielsituationen werden dabei bisweilen relativ unstrukturiert im Rahmen der Entwicklungsförderung verwendet. Diese Porzesse können jedoch sdurchaus sehr zielorientiert und wirksam für Kinder mit Entwicklungsschwierigkeiten genutzt werden. Notwendig ist dabei, dass die kindliche Interessen berücksichtigt werden, dass Unerwartetes bewusst eingesetzt wird oder dass mit Fördermaterialien z.B. sehr sparsam umgegangen wird. So wird es die Aufmerksamkeit eines Kindes erregen, wenn ein wichtiger Puzzleteil "fehlt". Kinder werden dabei manhcmal Unterstützung brauchen: phsische (hands-on") Hilfe, modellhaftes Vormachen, aber auch verbale Hilfstellungen. Unterschiedliche Methoden (vor allem aus dem englischen Sprachraum entnommen) wie das "Enhanced Milieu Language Teaching", das Vorbild-Sein, das Mand-Model, das Ausweiten und Generalisieren (Expansion) oder Time Delay, das Stellen von richtigen Fragen (Asking Right Questions) und das Inzidentielle Lernen können dabei Anwendung finden (siehe KAISER and HESTER, 1995; KAISER, HESTER, ALPERT, und WHITEMAN, 1994; LERNER, LOWENTHAL, und EGAN, 2003; MCCORMICK und SCHIEFELBUSCH, 1990; PRETTI-FRONTCZAK und BRICKER, 2004; SPIES PROJECT, 2010; YODER und WARREN, 2002). Ein adaptiertes Beispiel (Tabelle 1) soll dies demonstrieren:
Table 1: Example application of the Natural Teaching Process (DIKEN, p. 306).
Ayla ist Kindergartenpädagogin bzw. KITAerzieherin sein 10 Jahren. Als Fachkraft möchte sie sich weiterbilden und absolvierte vor kurezem eine Trainingsprogramm für inklusives Handeln in der KITA:
Die zwischen 36 und 48 Monate alten Kinder, die Ayla in der Gruppe betreut, zeigen dabei unterschiedliche Entwicklungsalter und Lernpräferenzen: Arda (48 Monate) mit der Diagnose F84 (tiefgreifende Entwicklungsstörung) kam auf Empfehlung eines beratugszentrums in die Gruppe. Das Beratungszentrum wies vor allem auf Teilhebebeeinträchtigungen im Bereich der Kommunikation und der Interaktionen Ardas hin. Deshalb war es auch ein vorrangiges Teilhabeziele im Förderplan, dass Arda sinnhafte Interaktionen mit anderen Kindern beginnt.
Arda zeigt Teilhabebeeinträchtigungen im Bereich der gesprochenen Sprache und verwendet vornehmlich Gesten und Zeichen; letztere bisweilen zeitlich flexibel. Nach 3 bis 5 Tagen der Beobachtung kam dieFachkraft zum Schluss, dass das teilhabeziel realistisch sein und begann einen "einfühsamen" (natürlichen) Plan des Spielens und Lernens für Arda zu erstellen. Funktionale Aspekte sollten dabei im Vordergrund steghen.
1. WAS: Wie können Teilhabeziele für Arda in einer sinnhaften Weise erstellt werden und auch überprüft werden?
2. WO: In welchen täglichen Routinen, Aktitvitäten oder Übergängen können diese Ziele verfolgt werden?
3. Wie: Welche Umweltveränderungen oder Methoden können dabei hilfereich sein?
Dabei berücksichtigte die Fachkraft auch die Interessen von Arda.
Methodische Überlegungen im Sinne einfühlsamen Spielens und Lernens für Arda
Name des Kindes: ARDA
WAS?: Wiederholen und Nachahmen von Äußerungen im Rahmen von angenehmen Situationen: Direktes verbales Vormachen durch Fachkraft bzw. Einfordern von Äußerungen in unterschiedlichen Routine-Situationen. Das sollte an 4 Tagen hintereinander von der Fachkraft umgesetzt werden.
Wo?: Im Rahmen von Aktivitäten künstlerischen Gestaltens in der KITA, während der Brotzeit(Jause) bzw. beim Toilettgang und während der Freispielzeit.
Wie?: Indem gewünschte Objekte außerhalb seiner REichweite gestellt werden, indem Arda "zu wenig" von etwas gegeben würde, indem wichtige Teile eines Spieles fehlen oder indem überraschende Situationen für Arda geschaffen werden.
Dabei wählte die Fachkraft jene Momente in der KITA, von denen sie ausging, dass sie zur ERreichung der Zeile am wirksamsten wären. Ayla war sich dabei bewusst, dass dieses Konzept nicht mechanisch umgesetzt werden sollte, sondern dass es als teil ihrer pädagogischen Bemühungen für sie in Fleisch und Blut übergehen müsste. Somit wurde jede Lernsituation des Kindes zu eines Möglichkeit, einfühlsames Spielen und Lernen "natürlich" einzusetzen.
Deshalb dokumentierte die Fachkraft auch diese Momente.
Die Fachkraft erkannte bei der Erstellung des Förderplanes , dass Teilhabeziele dabei in unterschiedlichen täglichen Situationen erreicht werden konnten. Dies betraf z.B. die absichtsvolle Intraktion. Vor allem aber erwiesen sich Situationne als nützlich, in denen Arda ihren Intreessen folgen konnte.
-das betraf z.B. Ardas Wunsch nach einem Getränk oder wenn sie auf die Toilette wollte
- künstlerische Akivitäten (wie z.B. das Malen...)
- und Essenssituationen (Frühstück, Jause ...)
- wenn sie selbstgewählte Spiele spielen wollte
Dabeneb erwiesen sich Übergänge als wichtig (wenn sie den Gruppenraum verließ, Spielzeug aufräumte, die Toilette aufsuche oder zur KITA kam) . Dabei stand jeweils im Zentrum, dass Arda ihre Wünsche und Bedürfnisse in Einwort-Sätzen ausdrücken sollte.
Dabei nutzte die KITA-Erzieherin vormallem "natürliche Momente", um die Frage nach dem "Wie" der Förderung zu beantworten. Hilfreich war dabei, Situationen zu schaffen, die in irgendeiner Form einen Bedarf, ein Bedürfnis, einen Mangel oder etwas Überraschendes beinhielten. Die KITA Fachkraft reflketierte hier jewieilge Lernmöglichkeiten für Arda.
- Während künstlerischer Tätigkeiten legte die Fachkraft die Schere in dei Mitte des Tisches, sodass Arda eine Lernmöglichketi hatte, nach der Schwer zu fragen.
- Beim Verlassen des Gruppenraumes konnte eine Lernmöglichkeit geschaffen werden, indem die Türe des Gruppenraumes geschlossen wurde und Arda gebeten wurde, beim Öffnen der Türe zu helfen.
- Ähnliches konnte auch beim Wasserhahn angedacht werden, den Arda selbständig öffnen sollte oder die Seife etwas außerhalb der Reichweite Ardas zu plazieren, damit sie sich ein wenig anstrengen sollte.
- Ähnliches ließ sich auch in der Freispielzeit arrangieren, indem Ardas Lieblingsspielzeug zwar in Sichtweite, aber außerhalb der Reichweite plaziert wurde, sodass Arda danach fragen musste. Es konnte auch eine "Überraschungssituation" geschaffen werden, indem Arda nicht das gewünschte Auto, sondern eine Puppe gereicht wurde. Damit könnte Arda motiviert werden, nach dem Lieblingsspielzeug (Auto) zu fragen.
- Ähnliches betraf ein anderes Spiel (mit Bauklötzen): Arda würden zum Bauen eines Turmes nur 2-3 Bauklötze gegeben werden, sodass nach weiteren gefragt werden müsste.
Dabei war der Fachkraft bewusst, dass diese Lernmöglichkeiten in unterschiedlichen Situationen angewandt werden konnten. Diese Lernmöglichkeiten traten bisweilen "natürlich" auf, teilweise durch Anpassungen der jeweiligen Umwelt, die von der Fachkraft bewusst hereinbegführt werden mussten.
Die Fachkraft nutzte dabei sprachlich "einfache direkte Aufforderungen" im Sinne von Ein-Wort-Sätzen ". interacting with a single word" Dabei diente die Fachkraft selbst als Vorbild.
Konkret plazierte die Fachkraft die zum künstlerischen Gestalten notwendige Schere in die Mitte des Tisches und kommunizierte mit dem Einwort-Satz "Schere" (unabhängig ob Arda mit dem Finger darauf zeigte oder nicht. Alternativ wäre auch der Satz "Ich will die Schere" möglich. Das Ziel der Fachkraft bestand vorerst darin, dass Arda sie als Fachkraft imitierte. Deshalb machte die Fachkraft das gewünschte Verhalten vor (als Vorbild oder Model) und wartete darauf, bis Arda sie nachahmte. Wenn dies (das Aussprechen eines Wortes) erfolgversprechend schien, wechselte die Fachkraft in das Model des "aktiven Einforderns". Bei den ersten 3 bis 4 Versuchen würde die Fachkraft das Objekt unmittelbar nach dem Darauf-Zeigen benennen. Die Fachkraft würde somit 3 bis 5 Sekunden warten und Arda dann nachahmen. Arda könnte in dieser Situation wahrscheinlich 3 verschiedene Antworten geben: eine dieser Antworten wäre die korrekte, d.h. "Schere". Dabei ist der Inhalt der Aussage wichtig, nicht das "Wie" (z.B. die Aussprache). In diesem Fall wiederholt die Fachkraft die Aussage oder weitet sie aus: "Ja, das ist die blaue Schere". Der 2. Antworttyp könnte eine "falsche" Antwort betreffen: Arda würde z.B. "Messer" sagen, anstatt "Schere". Der dritte Antwort-Typ würde eine fehlende Reaktion beinhalten. in beiden Fällen würde die Fachkraft nochmals den Ausdruck "Schere" wiederholen. Die Fachkraft wäre somit ein "Model" oder Vorbild. Wichtig dabei ist, dass diese Interaktion für Arda so sinnvoll wie möglich ist.
Beim Verlassen des Gruppenraumes könnte die Fachkraft z.B. Arda (als erstes Kind in der Reihe) ersuchen, die Türe zu öffnen. Dabei würde die Fachkraft wiederum den einfachen Wunsch "Öffnen" verwenden, um absichtsvoll mit Arda zu kommunizieren. Falls Arda nicht darauf regiert, würde die Fachkraft dies nochmals wiederholen "Ahh, die Türe ist zu"!. "Was sollen wir machen?" Dies entspräche somit der Aufforderung an Arda, mit "öffnen" zu antworten. Wenn Arda mit "öffnen" antwortet, könnte die Fachkraft diese Aussage ausweiten : "ja, lass uns die Türe öffnen". Falls kein Antwort oder eine nicht-zutreffende folgt, würde die Fachkraft ihre ursprüngliche Aussage "Öffnen" wiederholen (um wiedrum ein Vorbild oder Model zu sein). Wiederum wartet die Fachkraft, ob Arda sie sprachlich nachahmt und öffent schließlich die Tür.
Ähnliches betrifft z.B. das Aufdrehen eines Wasserhahnes oder das Erreichen der Seife beim Waschbecken: "Drehe auf!", "Gib" oder "Gib mir die Seife" wären dabei sinnvolle Anweisungen. Wiederum würde die Fachkraft verbalisieren, dass z.B. der Wasserhahn abgedreht sei: "Oh, der Wasserhahn ist abgedreht".
Ähnliches würde das Reichen oder Verwenden der Seife betreffen. Auch hier könnte z.B. der Ausdruck Seife ausgeweitet werden.
Während der Freispielzeit würde die Fachkraft eine Lernmöglichkeit schaffen, indem sie das Lieblingsspielzeug von Arda an eine für Arda schwer erreichbare Stelle plaziert. Arda würde das Lieblingsspielzeug (das Auto) zwar sehen, aber nicht leicht erreichen können. Auch könnte die Fachkraft eine "Überraschungssituation" schaffen, indem sie Arda bewusst etwas anderes als sein Lieblingsspielzeug reicht, z.B. eine Puppe. In dieser Situation wären z.B. "Auto" oder "Gib" korrekte Äußerungen Ardas. Wiederum könnte die Fachkraft dabei die Äußerung "ausweiten", Ah, du willst das rote Auto!"
Bei fehlender oder nicht-entsprechender Äußerung Ardas könnte die Fachkraft wiederum ein Vorbild oder Model sein und den Ausdruck "Auto" wiederholen. Wiederum würde die Fachkraft etwas zuwarten, damit Arda reagieren kann. Wenn Arda überraschenderweise etwas anderes erhalten würde (z.B. die Puppe) sollte Arda in irgendeiner Weise reagieren (dass er nämlich das Auto wolle und nicht die Puppe). Daraufhin könnte die Fachkraft "nachfragen": "Was willst Du denn?". Arda würde ausdrücken, dass es das Auto sei. Wiederum könnte die Fachkraft die Äußerung ausweiten, z.B. "Ah, das Auto für Arda"., "das rote Auto" oder das "große Auto". Daduzrch wird die Fachkraft wiederum zum Vorbild und reicht letztendlich Arda das Lieblingsspielzeug.
Ähnlices betrifft die Situation mit Bausteinen. ews werden dabei nicht alle verfügbaren Bausteine vor Arda plaziert, sondern nur eine geringe Menge (z.B. 2 bis 3). Die Fachkraft weiß dabei, dass Arda gerne Bausteine zu einem Turm zusammenfügt. Durch den geschaffenen "Bausteinmangel" soll Arda motiviert werden, nach mehr Bausteinen zu fragen. Wiederum würden sich Kommunikationsanlässe ergeben, in denen Arda nach den gewünschten Bausteinen aktiv fragen müsste oder die Fachkraft z.B. Aussagen ausweiten könnte.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass entwicklungsförderliche Situationen häufig und sehr kurzfristig auftreten können. Diese Lernmöglichkeiten können dabei in den täglichen Alltag und Routinen eingebaut werden. Je mehr natürliche lernförderliche Situationen dabei geschaffen werden, desto wirksamer erweist sich die Strategie, die auch in den familiären Alltag übertragen werden können. Diese Generalisierung bzw. Verallgemeinerung in den familiären Alltag oder in andere Situationen ist dabei gewünscht und auch kaum vermeidbar. D.h. Strategien dieses natürlichen Lernens können den Eltern vermittelt werden, sodass diese Lernmöglichkeiten auch im familiären Umfeld stattfinden können. Effekte werden in Richtung sinnhafter Teilhabeziele schnell sichtbar werden.
Diesen "natürlichen" Lernprozess kennzeichnen 4 grundsätzliche Regeln:
(1) Beoabachten Sie das Kind und folgen Sie den Interessen und Wünschen des Kindes.
(2) Verwenden Sie Routinesituationen, Aktvitäten und Übergänge als natürliche Lernsituationen
(3) Verstärken Sie Aktivitäten bzw. die Auseinandersetzung mit Objekten und Fördermaterialien
(4) Verallgemeinern Sie Lernmöglichkeiten in unteschiedlichen Situationen: "Den Interessen und WWünschen des Kindes zu folgen ist dabei einer wichtigsten Aspekte" In der wissenschaftlichen Literatur wird dies besonders hervorgehoben. Dies erfordert, zur Erreichung von Teilhabezielen, dass die kindlichen Interessen und die kindliche Neugier besonders beoabchtet und gewürdigt werden sollen. Daneben sind es die Routinen, tägliche Aktivitäten und tägliche Übergänge (im Sinne von vertärkenden Wiederholungen) die den Erwerb neuer Kompetenzen fördern. Das Verstärken von kindlichen Verhaltensweisen stellt dabei einen wichtigen Teil dar.
Das Ereichen eines Ziels (das Verzehren einer gewünschten Frucht, das ERreichen eines gewünschten Spielzeuges...) stellen dabei "natürliche" Verstärker dar und erweisen sich als die wirskamsten "Belohnungssysteme" überhaupt. Diese "natürlichen Belohnungen" können mit verbalen Verstärkern "Wie toll hast Du das gemacht..." oder physischen oder sozialen Verstärkern (z.b. Umarmen) unterstützt werden, um nachhaltig zu wirken. Direkte Verstärker wirken dabei für Kinder am stärksten.
Dieses einfühlsame oder natürliche Lernen kann dabei in unterschiedlichen Umgebungen oder Situationen geplant und angewandt werden, os z.B. zu unterschieldichen Tageszeiten, unterschiedlichen Kontexten oder mit unterschieldichen Personen). Das Ausweiten und Verallgemeinern von Gelerntem ist dabei äußerst wichtig (siehe BRICKER, PRETTI-FRONTCZAK, & MCCOMAS, 1998; DIKEN, 2012a, 2012b; SPIES PROJECT, 2010).
Diese beschriebenen Strategien spiele dabei auch eine Rolle, wenn es um die Anpassung für sehr junge Kinder geht: Dabei geht es
(1) um inklusive Praktiken
(2) die Wichtigkeit natürlicher Umgebungen wie das Zuhause, die Krippe, die KITA, den Spielplatz, wo Kinder den Großteil ihrer (Tages)zeit verbringen
(3) das Verallgemeinern/Ausweiten dessen, was gelernt wurde
(4) und natürliche Lernprozesse, die zur jeweiligen Entwicklung eines Kindes passen.
Die Wichtigkeit und das Umsetzen inklusiver Settings in vielen Ländern führte dazu, dass dieses Konzept des "natürlichen" (einfühlsamen Spielens und Lernens" zu einem wichtigen konzeptionellen Pfeiler in der Förderung von Kindern mit Entwicklungsschwierigkeiten werden ließ, da konkretes inklusives Handwerkszeug für Eltern und Fachkräfte zur Verfügung steht. Nochmals, sobald ein Kind wach ist, bieten sich für die Umwelt unzählige Lernmöglichkeiten in täglich sich wiederholenden Prozessen. Vor allem Schwierigkeiten in (einzel)therapeutischen Settings, Gelerntes zu generalisieren, lassen "natürliche" einfühlsame Lernkonzepte als wirkungsvolle Strategie erscheinen. Die National Association for the Education of Young Children (NAEYC), 192 in den USA gegründet und mit mehr 80,000 Mitgliedern und als größte Vereinigung von Kindheitspädagog*innen, bemüht sich um Praktiken und Prinzipien, Lernmöglichkeiten von Kleinkindern zu maximieren. Diese Prinzipien, als entwicklungsadäquate Praxis bezeichnet, werden dabei als die wirksamsten sowohl für typische entwickelte Kinder als auch für Kinder mit Entwicklungsschwierigkeiten erachtet. Einfühlsames Spielen und Lernen in natürlichen Kontexten wird dabei als eine der passendensten Strategien beschrieben. Sowohl die NAEYC als auch der Council for Exceptional Children (CEC), eine der größten Vereinigungen Kinder mit Entwicklungsschwierigkeiten betreffend unterstützen dieses Modell.
Diese "natürlichen" einfühlsamen Spiel- und Lernprozesse beziehen sich dabei nicht nur auf Kinder mit Entwicklungsschwierigkeiten, sondern allgemein auf alle Lernprozesse: In Studien zu Effekten dieser Strategie z.B. bei Kindern mit Entwicklungsschwierigkeiten im Alter zwischen 3 bis 6 Jahren bzw. mit unterschiedlichen Diagnosen (Sprachentwicklungsverzögerung, tiefgreifende Entwicklungsstörung, Hörproblemen, komplexen Lernschwierigkeiten oder Minderbegabung), zeigten sich deutliche Effekte: beim Lernen, in der Kommunikation (z.B. beim Ausdrücken von Bedürfnissen...), im Bereich der Mobilität und der Selbstversorgung aber auch bei Interaktionen. Dieses "eingebettete" Lernen zeigt dabei deutliche Entwicklungszugewinne: (siehe CHIARA, SCHUSTER, BELL und WOLERY, 1995;D AUGHERTY, GRISHAM-BROWN und HEMMETER, 2001; FOX und HANLINE, 1993; GRISHAM-BROWN, PRETTI-FRONTCZAK, HAWKINS und WINCHELL, 2009; GRISHAM-BROWN, RIDGLEY, PRETTI-FRONTCZAK, LITT und NIELSON, 2006; GRISHAM-BROWN, SCHUSTER, HEMMETER und COLLINS, 2000; HORN, LIEBER, LI, SANDAL, und SCHWARTZ, 2000; JAMESON und MCDONNEL, 2007; KOHLER, STRAIN, HOYSON und JAMIESON, 1997; MACY und BRICKER, 2007; MALMSKOG und MCDONNELL, 1999; MCBRIDE und SCHWARTZ, 2003; PRETTI-FRONTCZAK und BRICKER, 2001; SCHEPIS, REID, OWNBEY und PARSON, 2001; VENN, WOLERY, WERTS, MORRIS, DECESARE, und CUFFS, 1993; WOLERY, ANTHONY und HECKATHORN, 1998; WOLERY, DOYLE, GAST, AULT-JONES, und SIMPSON, 1993).
Somit erweist sich dieses Konzept des "einfühlsamen" (natürlichen Spielens und Lernens sowohl im Gruppengeschehen in der KITA oder Schule als auch in individualisierten (Therapie)settings als wirksames Förderkonzept. Gerade in Krippe, KITA, Frühförderung und Schule sollte (als Ziel dieses Projekts) dieses methodische Konzept jedoch noch ausgeweitet werden, denn die inklusive frühkindliche Erziehung und Entwicklungsförderung darf als einer der wichtigsten Pfeiler in Richtung Inklusion angesehen werden.
Wissenschaftliche Studien belegen dabei die positiven (entwicklungsförderliche) Effekte bei verschiedenen Entwicklungsschwierigkeiten und -störungen bei Kindern zwischen 3 bis 6 Jahren: bei Kindern mit Sprachentwicklungsverzögerung, tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, Hörproblemen, komplexen Lernschwierigkeiten oder Intelligenzdefiziten). Sowohl Teilhabe am lernen (Farben, Formen, Erkennen von Bildern...) als auch Teilhabe an Kommunikation, Mobilität und im Bereich der Interaktionen konnten dadurch gefördert werden.
Effekte zeigten sich jedoch auch bei den Fachkräften, sowohl was ihr Wissen als auch ihre Fähigkeiten oder didaktischen Strategien betrifft.
3. Der besondere Wert des Projektes
Die Besonderheit dieses Projektes liegt darin, dass
-Problemlösungsstrategien für eine Unzahl von Situationen in unterschiedlichen Settings ermöglicht werden, und zwar web-basiert, mit unzähligen Informationsmaterialien für unterschiedliche Berufsgruppen und Settings im Rahmen inklusiver Fördermaßnahmen.
- ausgewählte Zugänge (Information, audiovisuell und web-basiert) zur Verfügung gestellt werden.
- diesen Materialien auch das Potenzial zur Generalisierung und Adaptierung innewohnt.
- damit die weitverbreitete Verwendung national und international ermöglicht wird.